BGH 13.04.2016 Aktenzeichen: XII ZB 578/14: Entscheidung zu §§ 1376 Abs. 4, 2049 BGB
Das Problem:
Landwirtschaftliche Betriebe, die ein Landgut im Sinne des § 2049 BGB darstellen (nach der herrschenden Meinung eine Besitzung, die eine zum selbständigen Betrieb der Landwirtschaft einschließlich der Viehzucht oder der Forstwirtschaft geeignete und bestimmte Wirtschaftseinheit darstellt und die mit den nötigen Wohn- und Wirtschaftsgebäuden verbunden ist, wobei die Besitzung eine gewisse Größe erreichen muss und für den Inhaber eine selbständige Nahrungsquelle darstellt, wobei eine Ackernahrung nicht erforderlich ist, vergleiche BGHZ 98, 375), werden im Familienrecht beim Zugewinnausgleich, aber auch bei der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft und der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen privilegiert. Das dient dazu die Fortführung zu vertretbaren Bedingungen zu sichern. Es soll vermieden werden, dass ein die Landwirtschaft aktiv betreibender Erbe oder Betriebsinhaber zur Befriedigung von familien- oder erbrechtlichen Ansprüchen Grundstücke verkaufen muss. Das hätte in der langfristigen Generationenfolge und aufgrund von Scheidungen die sukzessive, flächenmäßige Verkleinerung der Betriebe zur Folge.
Die Privilegierung wirkt sich - verkürzt dargestellt - auf der Seite der vorhandenen positiven Vermögenswerte wertmindernd aus, da aus dem bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung erzielbaren Reinertrag der Ertragswert ermittelt wird. Die Schulden wurden demgegenüber auf der Passivseite der Zugewinnausgleichsberechnung mit ihrem vollen Wert (Hauptforderung und vereinbarte Zinsen für die Restlaufzeit) eingestellt. Das hatte eine rechnerische Verringerung des Vermögens insbesondere dann zur Folge, wenn unter Verwendung von Fremdkapital Substanz, wie Gebäude, Maschinen, aber auch Viehbestand angeschafft worden war. Auf diese Weise konnte der Zugewinnausgleichsanspruch rechtlich zulässig beeinflusst werden.
Erst das OLG Stuttgart fand das in seiner Entscheidung vom 15.10.2014 (15 UF 120/14) fehlerhaft und stellte fest, dass bei diesem Vorgehen Aktiva und Passiva mit zweierlei Maß gemessen werden. Es ließ die Revision zum BGH zu.  
Die Entscheidung:
Der BGH entschied darauf hin, dass bei einer Anwendung der Ertragswertmethode nach § 1376 Abs. 4 in Verbindung mit § 2049 Abs. 2 BGB, die auf dem Betrieb lastenden Fremdverbindlichkeiten nur mit dem auf sie entfallenden Zinsanteil zu berücksichtigen sind. Wenn anstelle der Ertragswertmethode die ebenfalls grundsätzlich zulässige Bewertung mit dem Verkehrswert erfolgt, die ohnehin zur Kontrolle erfolgen muss, kann der Nominalwert der Fremdverbindlichkeiten in Abzug gebracht werden. Hat das ein niedrigeres Ergebnis beim Zugewinn des Landwirts zur Folge, kann mit diesem niedrigeren Wert der Zugewinnausgleichsanspruch des Ehegatten berechnet werden.